Geheimniskrämerei um Windpark
Spannendes wird ohne Öffentlichkeit debattiert
Gütersloh. Thema Windpark an der A 2 bei Rheda-Wiedenbrück: Die Aufregung ist so groß wie die Geheimniskrämerei. Zwar ist bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld bis gestern noch keine Anzeige wegen Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht eingegangen. Richtig Auskunft will aber auch niemand mehr geben.
Rotiert: Sowohl dieses Windrad am Brockweg als auch der Rat der Stadt.
Zum Hintergrund: Die NW hatte aus offiziellen Unterlagen einer nichtöffentlichen Ratssitzung zitiert. Wegen dieser öffentlich gewordenen Informationen könnte nun das Windpark-Geschäft teurer werden oder gar platzen, fürchten einige Kenner auf mehreren Seiten des Projektes. Deshalb beschloss der Rat, den Verantwortlichen für die undichte Stelle anzuzeigen (wie berichtet). Der ist aber gar nicht bekannt.
Warum wird so ein Vorhaben hinter verschlossenen Türen beraten? Eigentlich sind Ratssitzungen öffentlich. So steht es in der Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen (§ 48) und in der Geschäftsordnung des Rates der Stadt Gütersloh (§ 5/1). Letztere, auf die die NRW-Gemeindeordnung verweist, macht jedoch Einschränkungen ausgerechnet an den Punkten, an denen es interessant wird.: "Für folgende Angelegenheiten wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen: Personalangelegenheiten, Grundstücksangelegenheiten, Auftragsvergaben (u.a.)." Als gingen Grundstücksangelegenheiten in der Größenordnung des geplanten Windparks mit fünf bis zu 200 Meter hohen Anlagen die Öffentlichkeit nichts an.
Stadtwerkesprecher Roland Stüwe: "Die Projektpartner haben Stillschweigen vereinbart, bis das Projekt nicht mehr gefährdet werden kann." Auch die Stadtwerke Bielefeld als Co-Partner halten sich bedeckt, wollen nicht zitiert werden.
Wie intensiv in Rat und Verwaltung nach der undichten Stelle gesucht wird, ist nicht bekannt. Staatsanwalt Christoph Mackel aus Bielefeld sagt zwar, dass der Einzelfall geprüft werden müsse. Er habe jedoch in seiner 20-jährigen Karriere noch nie erlebt, dass in einem Fall der Herausgabe von Infos aus nichtöffentlicher Ratssitzung strafbares Verhalten nachgewiesen werden konnte.
Da der Gütersloher Rat aber einen Beschluss dazu gefasst hat, muss die Verwaltung jedoch irgend etwas unternehmen.
Carsten Heil
Kommentare
Fidel (nicht überprüft)
13. Mai 2015 - 22:20
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Sorry, aber das ist billiges
Sorry, aber das ist billiges substanzloses Gejammer.
Bei Personalangelegenheiten bzw- -entscheidungen ist es unabdingbar, dass Bewerber nicht schon vor ihrer Wahl/Ernennung in der Öffentlichkeit diskreditiert werden. Meist folgt die Politik dem Vorschlag der Verwaltung und übernimmt somit die politische Verantwortung dafür. Wer sollte es denn sonst entscheiden? Eine "kalte" Verwaltung? Wirklich?
Auch bei bevorstehenden Sachentscheidungen, wie z.B. Vertragsabschlüssen ist es sinnvoll zum Schutz der Anbieter/Auftragnehmer z.B. den Kaufpreis nicht öffentlich zu machen.
Und ja, Angestellte der Stadt machen sich strafbar, aber die Pressefreiheit ist in keinster Weise gefährdet.
Warum also jammert "ihr" hier rum?
Grüße aus Dresden
jdroop
13. Mai 2015 - 23:25
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Danke für den Kommentar. Wäre
Danke für den Kommentar. Wäre das billig und substanzlos hätten Sie nicht reagiert.
Offensichtlich aber trifft es den Kern.
Es geht im Grunde um einen Wandel weg von der Nicht-Öffentlichkeit hin zu einer neuen Öffentlichkeit. Ein Windpark ist längst keine Kleinigkeit, die Errichtung geht die Öffentlichkeit sehr wohl etwas an. Hier hätte man von Anfang an Öffentlichkeit herstellen müssen. Das Bemühen, an diesen Prozessen immer nur die Aspekte Persönlichkeitsrechte und Preise zu thematisieren, die dann zur Nicht-Öffentlichkeit führen sollen und diese begründen, ist Methode und daher leider durchschaubar. Es ist immer einfacher, die Entscheidungen im kleinen Kreis zu fällen. Politik aber ist dafür da, zu erklären und zu vermitteln, warum etwas wie gemacht werden soll. Wenn Politik sich wegguckt, übernimmt sie eben nicht die Verantwortung. Das ist hier geschehen.
Ob die Pressefreiheit in Gefahr ist, ist eine große Frage, der Quellenschutz ist auf jeden Fall in Gefahr, wenn etwa Informationstechnologie dazu verwendet werden soll, nachzuvollziehen, wer der Informant war.
Und Quellenschutz ist ein Bestandteil der Pressefreiheit.
Wir jammern im übrigen nicht, wir stellen konkrete Forderungen: Diskutiert öffentlich über die Vorhaben. Und argumentiert anstatt Fakten zu schaffen, die dann trotzdem zu Unfrieden führen können.
In Zeiten des Klimawandels ist es gut, ein Windrad zu errichten und damit den Anteil der erneuerbaren Energien zu erhöhen. Aber wenn man die Menschen einfach mit diesen Entscheidungen überrollt, wird keiner eine Änderung mittragen. Das aber brauchen wir.
Anke Knopp
Fidel (nicht überprüft)
14. Mai 2015 - 13:12
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Hehe! Die Deutung meiner
Hehe!
Die Deutung meiner Reaktion hat mitnichten die "Logik", die Sie unterstellen.
Meiner Erfahrung nach gibt es tatsächlich die Notwendigkeit nicht-öffentlicher SitzungsTEILE.
Wenn Sie diese Sitzungsteile zukünftig öffentlich machen wollen, bitte ich Sie um eine fundierte Begründung. Volksvertreter werden demokratisch gewählt und tragen die politische Verantwortung. Wie sollte eine - größtenteils uninfomierte - Öffentlichkeit diese Verantwortung denn tragen. Es hat keinerlei Konsequenzen für konkrete Bürger, sondern ggf. "nur" für die Summe aller Bürger.
Ich weiß ja nicht wie viele Entscheidungen in Gütersloh pro Legislatuperiode getroffen werden, aber in Dresden sind es ca. 3000 in 5 Jahren. Wie wollen Sie (einigermaßen) sicherstellen, dass sich die Bürger, die sich an den nötigen Entscheidungen beteiligen, auch über einen ausreichenden Informationsstand haben? Stadträte haben z.B. eine Anwesenheitspflicht und ggf. Stellvertreter.
Zusammenfassend würde ich sagen, dass der Wunsch/Aufschrei nach mehr Transparenz idR schlecht begründet und ohne tatsächliche Konsequenzen für die Wünschenden/Aufschreienden ist. Direkte Demokratie sollte mE weiterhin eine Ergänzung der repräsentativen Demokratie sein! Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
MfG
Fidel
jdroop
14. Mai 2015 - 15:13
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Jetzt sehen Sie wiederum mich
Jetzt sehen Sie wiederum mich lachen, Herr „Fidel“.
Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wir haben uns jahrzehntelang daran gewöhnt, dass Politik und Verwaltung NICHT begründet haben, warum sie was machen.
Nicht wir, die wir Transparenz einfordern, müssen erklären, warum, sondern eher das alte System der Verschwiegenheit und des Herrschaftswissen muss erklären, warum es einen Fortbestand haben sollte.
Nur weil etwas immer so funktioniert hat, ist es nicht gleich legitim.
Anke Knopp
Fidel (nicht überprüft)
14. Mai 2015 - 16:40
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Lachen bzw. Humor ist (oft)
Lachen bzw. Humor ist (oft) die beste Medizin.
Natürlich ist es legitim, die Transparenz-Forderungen zu stellen. Allein mir fehlt eine (gute) Begründung.
Wer etwas am "System der Verschwiegenheit und des Herrschaftswissen" ändern will, muss natürlich begründen.
Obiges ist eine billige Floskel!
Welcher Bewerber um Posten und/oder Aufträge gäbe es denn noch, wenn dieser sich von allen (Mitbewerbern) in die Karten gucken lassen müsste?
Mehr Transparenz finde ich gut, die totale Transparenz (von z.B. Mandatsträgern) halte ich für totalitaristisch. Und dieses Mehr an Transparenz benötigt mE klare Regeln/Grenzen.
Wer sich in einer nicht-öffentlichen Sitzung nicht darauf verlassen kann, dass sein nicht-öffentlich gesprochenes Wort auch nicht-öffentlich bleibt, lässt es im Zweifelsfall ganz sein.
Und? Wer wird dann im Zweifelsfall in den dann komplett öffentlichen Sitzungen die Reden schwingen? Klar: die sorgfältig vorbereitete Verwaltung. Die "Hobby"-Stadträte werden dann lieber schweigen, um sich nicht lächerlich zu machen.
Darf ich mal fragen, wie viele Stadtrats- und Ausschusssitzungen Sie bereits besucht haben. Woher nehmen Sie die Erfahrung, dass mehr Transparenz zu besseren/anderen Entscheidungen führen wird und nicht einfach nur Ehrenamtliche verschreckt?
P.S. Ich drücke Ihnen übrigens feste beide Daumen für die Wahl zur Bürgermeisterin. Nicht etwa, weil sie dann beweisen können, dass Sie es besser machen... sondern, weil Sie es dann müssen. ;-)
jdroop
14. Mai 2015 - 18:13
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Sehr anschaulich, die
Sehr anschaulich, die Rückmeldung. Aber auch hier wieder nur den Kontrahenten anklagen, keine Begründung für das eigene Tun.
Ja, ich habe ziemlich viele von diesen Sitzungen mitgemacht, in denen es mich schier vom Mandatshocker gehauen hat, wenn die Ratsleute ihre Infos für sich behalten haben, die Menschen nicht informieren wollten. Oft nicht mal die Betroffenen angehört haben - Entscheidung am grünen Tisch. Von daher weiß ich sehr genau, wovon ich da spreche.
Doof nur, dass man da auch noch nach gefragt wird, ob man überhaupt Ahnung hat.
Ich trete, wir treten ein für Transparenz, weil Informationen ein Grundrecht der Bürger sind, die diese Infos bezahlt haben. Es geht hier um die Entwicklung von Gemeinwohl. Natürlich haben Bürger die Kompetenz, aus den Infos Schlüsse zu ziehen. Auch das eine Mär derjenigen, die die Menschen gerne für simpler halten wollen als sie sind.
Es geht um demokratische Willensbildung, um Kontrolle, um Gestaltung, um Abwehr von Korruption, um Beteiligung. Es geht darum, überhaupt ein Informationsrecht zu bekommen und nicht Bittsteller im Zugang zu Informationen zu sein.
Im Übrigen schreiben Sie von Totalitärem, diesen Aspekt haben Sie in die Diskussion gebracht, natürlich gibt es schützenswerte Daten. Es geht jedoch darum, diesen Ansatz des Schützenswerten so klein wie möglich zu halten und nicht gleich den gesamten Vorgang mit dieser Einschränkung als nicht-öffentlich zu deklarieren. Daher gehören auch Verträge in das Spektrum der Transparenz. Transparenz muss die Grundlage sein, Einschränkungen müssen begründet sein und eher die Abweichung von der Norm darstellen.
Und ja: in Hamburg hat man sehr gute Erfahrungen mit mehr Transparenz gemacht. Zumindest wird deutlich, wer sich schon welchen Vorteil gesichert hat. Diese Ergebnisse sind Ansporn genug.
Anke Knopp