Initiative übt Kritik an Internet-Plänen
Stadt soll stärker in den Breitbandausbau investieren
Gütersloh (ost). Die Bürgerinitiative "Demokratie wagen" hat die Strategie der Stadt zur Internetversorgung kritisiert. Die Stadt verhalte sich beim Thema Breitband noch immer zu zurückhaltend, sie nutze ihre Möglichkeiten nicht. Die Initiative bemängelt vor allem die Auffassung des vom Kreis Gütersloh beauftragten Gutachterbüros Micus, weite Teile Güterslohs seien dank des rückkanalfähigen Koaxialkabels von Unitymedia für die Anforderungen der kommenden Jahre vorerst gerüstet.
Micus und der kommunale Zweckverband Infokom hatten deutlich gemacht, in Gütersloh gebe es hauptsächlich für die Randgebiete, Neubausiedlungen und Gewerbegebiete akuten Handlungsbedarf. Dank einer vertraglich abgesicherten Millioneninvestition durch die Telekom in die Aufrüstung der Kabelverzweiger (KVZ) mit Glasfaser (NW von gestern) werde hier aber bald ein großer Fortschritt erzielt. Die übrigen, großen Teile des Stadtgebietes seien dagegen derzeit durch das Unitymedia-Netz mit Bandbreiten von 50 bis 100 Mbit, demnächst dank einer Software-Aufrüstung sogar bis zu 200 Mbit, ausreichend versorgt. Das Unitymedia-Netz deckt 95 Prozent der 45.176 Gütersloher Haushalte ab.
"Demokratie wagen" teilt diese Auffassung indes nicht. Ein solcher Standpunkt führe dazu, dass der Ausbau mit Glasfaser in weiten Teilen der Stadt aus Kostengründen für mindestens zehn Jahre verschoben werde. Bis dahin überlasse die Stadt das Geschäftsfeld dem Provider Unitymedia, "dem man quasi für diese Frist eine Monopolstellung einräumen will".
Die Initiative sagt, Unitymedia lege die Zahlen, was die Versorgung der Haushalte angehe, keineswegs offen. Das Unternehmen nenne nämlich nur die Zahl für "homes passed", nicht aber für "homes connected". Die tatsächlich angeschlossenen Häuser seien vermutlich wesentlich weniger. Denn wer von Unitymedia einen Internetanschluss haben wolle, müsse nicht selten Erschließungskosten von 300 bis 600 Euro zahlen. Die Firma habe die Koaxialkabel also zwar in der Straße liegen, nicht aber bis ins Haus verlegt. "Und genaue Daten über voll erschlossene Häuser bekommt man nicht."
Unitymedia hatte das Netz Ende der 90er Jahre von der Deutschen Post übernommen. Sie hat es aufgerüstet, für höhere Übertragungsraten rückkanalfähig gemacht und die Cluster kleiner gefasst. "Demokratie wagen" gesteht diese Schritte zu, flächendeckend und zukunftsweisend sei das Netz dennoch nicht, auch nicht nach der angekündigten Software-Aufrüstung. In den Abendstunden, wenn viele im Internet unterwegs seien, kämen in etlichen Haushalten ohnehin keine 100 Mbit an. "Und die Internetnutzung der Gesellschaft steigt exponentiell."
Den Vorschlag von Micus, durch einen Bieterwettstreit mit anderen Internetanbietern aus den vorhandenen Netzen das wirtschaftlich Machbare herauszuholen, betrachtet die Initiative mit Skepsis. Die anderen Firmen hätten sich schon in der Vergangenheit kaum auf dergleichen eingelassen. Sie seien eher daran interessiert, ihre veraltete Technik noch möglichst lange vermarkten zu können.
Das Bereitstellen von Telekommunikationsdiensten zählt laut der Initiative inzwischen zur allgemeinen Daseinsfürsorge, insofern solle die Stadt den Breitbandausbau mit Glasfaser als ihre kommunale Aufgabe begreifen. "Die Bedingungen zum Bereitstellen der nötigen Infrastruktur mit Leerrohren und Glasfaserkabeln in kommunaler Hand sind in Gütersloh denkbar günstig, das hat auch Micus zugegeben. Mit den Stadtwerken, der Netzgesellschaft und auch Bitel sind kompetente städtische Eigenbetriebe vorhanden. Sie müssten allerdings von politischer Seite dazu beauftragt werden." Sich abwartend zu verhalten, sei dagegen falsch. Damit verspiele Gütersloh Zukunftschancen.