Heidenelke beeinflusst Konversionsplan

Quelle: 
Neue Westfälische, Gütersloher Zeitung, 29.10.2013

Naturkundler stufen ein Drittel des Kasernengeländes als besonders schützenswert ein

von Ludger Osterkamp Gütersloh. Für das Flughafengelände an der Marienfelder Straße liegen jetzt die Ergebnisse der Biotopkartierung vor. Demnach haben Fachleute dort mit 44,5 Hektar die landesweit größte Fläche an Heidenelkenrasen festgestellt. Es ist zu erwarten, dass dieser Befund Auswirkungen auf die Folgenutzung des Geländes hat.  Die artenreichen Heidenelkengesellschaften sind in NRW vom Aussterben bedroht. Sie sind gesetzlich geschützt. Wie es nun in einer Sitzungsvorlage für die Umweltpolitiker des Kreises heißt, sind Größe und Ausprägung des Gütersloher Vorkommens "einzigartig in Nordrhein-Westfalen und von höchster Repräsentanz für den Naturraum".

Die Vorlage fußt auf einer Untersuchung, die das Büro Lökplan im Auftrag des Landesamtes für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz (LANUV) vorgenommen hat. Die Gutachter kommen darin zu dem vorläufigen Schluss, dass von den insgesamt 380 Hektar Kasernenfläche mindestens 127 nach Bundes- oder Landesrecht als schützenswert zu gelten haben. Sie kündigten an, den südlichen Rand des Areals voraussichtlich im nächsten Jahr zu kartieren. Ihre bisherigen Untersuchungsergebnisse stellen die Fachleute am 7. November in der Sitzung des Kreisumweltauschusses vor.

Schon jetzt ist klar, dass der Heidenelkenrasen im Zentrum des Flugplatzgeländes die dominierende Pflanzengesellschaft bildet. Prägte er einst in der historischen Flusslandschaft der Emsaue die Terrassen, Flugsandfelder und Dünen, so ist er heute durch landwirtschaftliche Nutzung und Überdüngung weitgehend verschwunden. Das Gütersloher Vorkommen gebe damit - wie durch ein Fenster - einen Einblick in das historische Erscheinungsbild der Emsauenlandschaft. Mit den farbenprächtigen Blüten der Heidenelke (Blume des Jahres 2012), des Bergsandknöpfchens und der Rundblättrigen Glockenblume sei das Vorkommen auffällig. Begleitet werden die 44,5 Hektar Heidenelkenrasen durch 29,1 Hektar artenärmeren, jedoch gleichfalls geschützten Straußgrasrasen; dieser wiederum gehe über in (ebenfalls geschützte) Silbergrasfluren (7,9 Hektar), auf denen zum Beispiel der vom Aussterben bedrohte Feld-Bleifuß und der stark gefährdete Ausdauernde Knäuel wachse. Eine Besonderheit im Südwesten sei der Borstgrasrasen (2,6 Hektar), der mit den Arten Sparrige Binse, Gewöhnlicher Natternzunge, Hirsen-Segge und Zittergras vergleichsweise artenreich ausgebildet sei.

Es handele sich um den zweitgrößten zusammenhängenden Borstgrasrasen in der Westfälischen Bucht. Er sei "von höchster Repräsentanz für den Naturraum und in NRW von höchster naturschutzfachlicher Bedeutung", heißt es in der Sitzungsvorlage. Was die Vogelwelt anbetrifft, wurden auf dem Militärgelände 44 Arten der Roten Liste beziehungsweise der Vorwarnliste NRW gefunden. Besonders auffällig ist das großflächige Brutvorkommen von Feldlerche und Großem Brachvogel (siehe Info-Kasten). Die Untersuchung hatte die Biologische Station Bielefeld/Gütersloh vorgenommen, um im Auftrag der Stadt herauszufinden, ob dort ein Windpark geplant werden kann. Wilhelm Gröver, Leiter Abteilung Umwelt des Kreises Gütersloh, hält das Aufstellen von Windrädern aufgrund der neuen Erkenntnisse für ausgeschlossen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das noch möglich ist." Gröver sprach von einem K.O.-Kriterium. Überhaupt führe das, was die Naturkundler nun vorgelegt haben, im Ergebnis zu deutlichen Einschränkungen bei der Freiflächennutzung.

"Das muss bei der weiteren Planung berücksichtigt werden." Für die Stadt Gütersloh sagte deren Planungschef und Konversionsbeauftragter Dr. Michael Zirbel, die Ergebnisse seien wenig überraschend. Dass sich auf einem militärisch genutzten Gelände, das in weiten Teilen nicht oder kaum betreten werde, sich besondere Tier- und Pflanzenarten entwickeln könnten, sei auch von anderen Truppenübungsplätzen bekannt. Er sehe die Grundzüge der Planung daher nicht berührt. Zirbel: "Die Fragen lauten nun: Wie gehen wir mit den einzelnen Biotoptypen um? Wie nah gehen wir ran? Mit welcher Nutzung? All das muss überlegt werden, und es ist gut, dass wir nun eine Grundlage dafür haben." Ob die Stadt von den immer wieder genannten 100 Hektar für Gewerbe abrücken müsse, lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.

Überhaupt sei er mit dieser Größenordnung, die irgendwer mal in die Welt gesetzt habe, nicht gerade glücklich. "Es ist viel zu früh, solche Zahlen zu nennen. So was hemmt nur." Das potenzielle Gewerbegebiet sei eher entlang der bebauten Flächen an der Marienfelder Straße geplant, also dort, wo es keine seltenen Pflanzen und Vögel gebe. Am Montag. 18. November, befassen sich die Gütersloher Kommunalpolitiker in einer Sondersitzung mit den Untersuchungen. Planungs-, Umwelt- und Hauptausschuss tagen dann gemeinsam.

Sechs Sitzungsvorlagen des Kreises befinden sich auf dieser Seite unter "Downloads / Dokumente zur Konversion am Flugplatz Gütersloh", anlage_1x und anlage_2x.