TTIP wird den kommunalen Alltag auch in Gütersloh verändern
Lebhafte Diskussion der 70 Teilnehmer mit Vortragsredner
Gütersloh. Drei Tage nach dem bundesweiten und weltweiten Aktionstag der Kritiker des Freihandelsabkommen TTIP, an dem sich auch die Regionalgruppe von ATTAC Gütersloh mit einem Infostand beteiligt hatte, waren die Bürgerinnen und Bürger zu einem Vortrags- und Diskussionsabend in die Gütersloher Weberei eingeladen. Über 70 Interessierte folgten der gemeinsamen Einladung von ATTAC Gütersloh, der Initiative „Demokratie wagen!“, dem MÖWE-Ausschuss des evangelischen Kirchenkreises, der ver.di-Ortsgruppe, der Gemeinschaft für Natur- und Umweltschutz im Kreis Gütersloh sowie der Bürgerinitiative Energiewende. Unter den Zuhörern waren auch Vertreter der örtlichen Ratsparteien, darunter der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Ostermann.
Wilhelm Neurohr - Buchautor und ehemaliger Stadt -und RegionalplanerDer eingeladene Vortragsredner Wilhelm Neurohr aus Recklinghausen vom dortigen „Institut für Wissenschaft, politische Bildung und gesellschaftliches Handeln“ - Buchautor („Ist Europa noch zu retten?“) und ehemaliger Stadt- und Regionalplaner - zeigte in einer engagierten und sachkundigen Rede die kommunale Betroffenheit der Stadt Gütersloh und der Umwelt von den negativen Folgen der Freihandelsabkommen TTIP, CETA, TISA und EGA auf und löste damit lebhafte Diskussionsbeiträge der Anwesenden aus. Besonders pikant: Er hatte auch ausführlich seine Recherchen über die maßgebliche Einflussnahme des Gütersloher Bertelsmann-Konzerns und dessen Stiftung als Lobbyist auf die Inhalte und Zielrichtung der Freihandelsabkommen im Interesse großer Konzerne dargelegt. Insbesondere verwies er auf die „verfassungswidrigen und demokratiegefährdenden Ansätze der Freihandelsverträge, die auch den kommunalen Alltag in Gütersloh dramatisch verändern werden“.
Neurohr wörtlich: „So sehr viel Positives Bertelsmann einerseits am Standort Gütersloh für diese Stadt und das örtliche Gemeinwesen beiträgt, so sehr schadet und gefährdet der einflussreiche Konzern als TTIP-Lobbyist die Zukunft der öffentlichen Daseinsvorsorge und kommunalen Selbstverwaltung insgesamt, die dadurch ernsthaft gefährdet wird.“ Dafür nannte er zahlreiche Beispiele, die auf eine weitere Privatisierung öffentlicher Dienste und Einrichtungen hinauslaufen. Insbesondere die Kultureinrichtungen und ihre Subventionierungen seien gefährdet, weil die EU selber deren Zukunft als vom jeweiligen Verhandlungsgeschick abhängend darstellt. Aber auch die Zukunft der Stadtwerke, des kommunalen Krankenhauses, der städtischen Sparkasse und die künftig durch Private finanzierten Infrastrukturen seien gefährdet.
Vor allem durch die künftig transnational statt nur europaweit auszuschreibenden öffentlichen Aufträge und Beschaffungen würden die transnationalen Konzerne bevorzugt, da die Stadt nicht mehr im Rahmen der lokalen Wirtschaftsförderung die ortsansässigen Unternehmen, Händler und Handwerksbetriebe bevorzugen dürfe. Dadurch gehöre auch der Mittelstand zu den verlieren der Freihandelsabkommen und der Stadt entgingen Gewerbesteuereinnahmen. In der lebhaften Diskussion brachten die Zuhörer ihrer Empörung zum Ausdruck auf diese „Angriffe auf die Demokratie“. Sie erwarteten von ihren Ratsvertretern, dass sie nach dem Vorbild von Hunderten Stadtparlamenten in Deutschland und Europa ebenfalls einen ablehnenden Beschluss zu TTIP, CETA und TISA fassen. Insgesamt haben die TTIP-Gegner europaweit bereits in acht Monaten fast 2 Mio. Unterschriften für die selbstorganisierte europäische Bürgerinitiative „Stopp TIPP“ gesammelt.