Weberei-Gespräche hinter den Kulissen

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Die Glocke, Gütersloh, 17.09.2013

Gütersloh (din) - In dieser Woche soll die Entscheidung über die Vergabe der Weberei an die Brüder Steffen und Tim Böning fallen. Bisher verlautete nichts zu den Bedingungen für die angestrebte nahtlose Weiterführung des Kulturzentrums. Am Abend traf sich auf Einladung von Bürgermeisterin Maria Unger (SPD) der Ältestenrat im Rathaus.  In den vergangenen Wochen hat sich das meiste hinter den Kulissen abgespielt. Am Montag war in der Verwaltung keine Auskunft zum Stand der Gespräche zu bekommen. Gegenüber der „Glocke“ bekräftigte Steffen Böning die Absicht der Brüder: „Wir wollen die Weberei übernehmen.“ Das gelte auch für die Mitarbeiter. „Wir haben mit allen gesprochen“, sagte Böning. In einer Runde sei schon darüber geredet worden, wie der Betrieb im Oktober fortgeführt werden könne. Eine auch nur zeitweise Schließung der Weberei sei zu vermeiden.

Die offizielle Ausschreibung sieht die Übernahme erst zum Jahresende vor. Allerdings hatte der bisherige Betreiber damals noch keine Insolvenz angemeldet. Jetzt ist der Betrieb nur bis zum Monatsende gesichert. In einer am Montag verbreiteten Pressemitteilung teilten die Brüder mit, dass die Vorbereitungen liefen. Tim Böning, der in Berlin die Agentur „Der Bomber der Herzen“ führt, stelle sich darauf ein, nach einem ausverkauften Macklemore-Konzert in Hamburg am 30. September seine Zelte in Gütersloh aufzuschlagen. Darüber hinaus hätten die Brüder dem vorläufigen Insolvenzverwalter ein Angebot zu Übernahme des Weberei-Inventars vorgelegt. Die neue gemeinnützige Gesellschaft samt Satzung sei in der notariellen Entwicklung. Eine Aufrechterhaltung der Gastronomie sei nach den Worten des Partners Andreas Oehme möglich. „Durch unser Netzwerk werden wir die derzeitigen personellen Engpässe erst mal abfedern können und so neben dem Kneipenbetrieb vor allem die Durchführung der gebuchten Events sicherstellen können“, erklärt der Geschäftsführer des Bielefelder Caterers Sternzeit. Bei früheren Kontakten hatten die Brüder deutlich gemacht, dass sie auf ein finanzielles Entgegenkommen der Stadt bei Investitionen, Miet- und Betriebskosten hoffen. Die Bürgermeisterin hatte in der Vorlage für die Sitzung des Kulturausschusses am Donnerstag darauf hingewiesen, dass die Gastronomie im Verlauf der Debatte noch einmal zusätzlich eingebrochen sei. In der Mitteilung der Bönings heißt es: „Wir freuen uns, dass Stadt und Politik diese Situation erkannt haben und sind uns sicher, dass alle Beteiligten die Weberei auf ein gesundes Startfundament stellen werden.“ Am Montagabend tagte nach der Ratssitzung auf Einladung der Bürgermeisterin der Ältestenrat mit der Verwaltungsspitze und den Fraktionschefs. Es dürfte in erster Linie um den Modus der Entscheidung am Donnerstag und die Frage gegangen sein, wie der Betrieb in den nächsten drei Monaten aufrecht erhalten werden kann und wieviel die Stadt bereit ist, dafür zu zahlen. Unterdessen haben die BfGT einen Vertagungsantrag gestellt, weil die Informationsbasis für eine Entscheidung nicht ausreiche.

Kommentare

Weberei und Bürgermeisterin

Die Weberei und die Bürgermeisterin teilen ein Schicksal: es geht um ihre Zukunft.

Das Soziokulturelle Zentrum könnte künftig kein solches mehr sein, sondern reiht sich ein in die Kette der rentablen Gastronomiebetriebe mit Programm. Es gibt dann ein schnell gezapftes Bier - aber keine Bürgerkultur mit charmantem Nischendasein mehr.

Die Bürgermeisterin könnte künftig Platz nehmen im Kreise derer, die viel Versprechen, aber wenig halten. Bürgerbeteiligung war versprochen, von ganz oben getragen. Die Beteiligungsbeauftragte ist sogar die Bürgermeisterin höchstselbst, so steht es in offiziellen Protokollen.

Bisher hat sie zur Weberei geschwiegen, sowohl zum Inhalt wie auch zur Beteiligung. Jetzt spricht sie - aber nur mit einem kleinen Kreis Auserwählter, mit den Fraktionsspitzen und der Verwaltungsspitze. Gipfelgespräche statt Bürgerdialog.

Sich zu einer Beratung in kleinem Kreis zu treffen kann durchaus richtig sein, nur nicht dann, wenn man es vorab an Transparenz und klarer Position hat mangeln lassen. So schürt man Misstrauen. Deutlicher kann auch ein Abgesang an Bürgerbeteiligung nicht ausfallen.

Die Weberei wird es ggf. überleben. Die Bürgermeisterin als der Bürger Meisterin wohl eher nicht. Am Ende ihrer Amtsperioden fällt ihre Bilanz der Beteiligung ganz mau aus. Da wäre dann der Wechsel sogar wünschenswert.

Dr. Anke Knopp