Nachhaltigkeitssatzung - Presseberichte über die Debatte im Finanzausschuss

Quelle: 
Die Glocke, Gütersloher Volkszeitung, im September 2015

Die Glocke, Gütersloher Volkszeitung, 19. September 2015

Städtische Finanzen

Trotz soliden Wirtschaftens wenig Raum für Wünsche

Von unserem Redaktionsmitglied GERRIT DINKELS (gl)

Finanziell geht es der Stadt Gütersloh verglichen mit anderen gut. 2011 bis 2014 wurden anstelle der prognostizierten Defizite Überschüsse erwirtschaftet. Damit konnten Schulden abgebaut und die Ausgleichsrücklage gefüllt werden. Das wird aus Sicht der Verwaltung aber nicht so weitergehen.

Kämmerin Christine Lang mahnt die Politik, sich frühzeitig wieder mit dem Thema Konsolidierung und Aufgabenkritik zu beschäftigen. Das geht aus einer Stellungnahme zu einem Antrag hervor, mit dem die Initiative Demokratie wagen eine Nachhaltigkeitssatzung fordert, um die Verschuldung zu bremsen und künftige Generationen nicht mit den Ausgaben von heute zu belasten.

Die Verwaltung lehnt eine solche Satzung ab, weil sie Automatismen wie Steuererhöhungen beinhalten würde und der Finanzlage in Gütersloh nicht gerecht werde: „Bei entsprechender politischer Entschluss- und Gestaltungskraft, die sich nicht scheut, auch unpopuläre Maßnahmen zu beschließen, wenn sie notwendig sind, bedarf es einer solchen Satzung nicht“, heißt es in der von Christine Lang gezeichneten Vorlage für den Finanzausschuss am Dienstag nächster Woche. Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit seien ohnehin Ziele der Haushaltspolitik.

Gleichwohl: Für 2015 zeichnet sich bereits ein Defizit höher als die kalkulierten 4,8 Millionen Euro ab, wie Lang in der jüngsten Ratssitzung mitteilte. „Die ersten Zahlen für Haushalt 2016 lassen ein hohes Defizit befürchten“, heißt es jetzt in der Vorlage. Nach einer ersten Modellrechnung zum Gemeindefinanzierungsgesetz erhalte Gütersloh im nächsten Jahr keine Schlüsselzuweisungen. Außerdem müsse man damit rechnen, „dass eine erhebliche Steigerung der Kreisumlage auf die Stadt zukommen wird".

Fazit: „Die Verwaltung empfiehlt daher, noch vor der Haushaltseinbringung einen Prozess der Aufgabenkritik und Konsolidierung zu beginnen." Dabei dürften auch Steuererhöhungen nicht von vornherein tabu sein. Bei freiwilligen Leistungen oder Entlastungen müssten zwingend Vorschläge zur Gegenfinanzierung gemacht werden.

Der Schuldenstand der Stadt ist unterdessen zuletzt kräftig gesunken. Seit dem 30. Juni vorigen Jahres wurden 13,4 Millionen Euro getilgt, so dass jetzt noch 80,8 Millionen Euro zu Buche stehen. Außer der ordentlichen Tilgung wurden 9,9 Millionen Euro zusätzlich zum Ende der Zinsbindung abgelöst. Gleichzeitig konnte die Ausgleichsrucklage für schlechte Zeiten auf 49,2 Millionen Euro aufgefüllt werden.

Zitat:

  • „Kreative und ehrliche Gestaltungskraft kann nach Überzeugung der Verwaltung zu überzeugenderen Ergebnissen führen als ein stumpfer Automatismus der Steuererhöhung.“

Aus der Verwaltungsvorlage zum Antrag der Initiative ,,Demokratie wagen" zu einer Nachhaltigkeitssatzung.

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Die Glocke, Gütersloher Volkszeitung, 24. September 2015

Finanzen

SPD wittert ein Troianischcs Pferd Gütersloh

(din). Der Stadt stehen schwierige Haushaltsberatungen für das nächste und wahrscheinlich auch die Folgejahre bevor. Davon zeugen die prognostizierten Defizite für 2015 von: 7,7 Millionen Euro und für 2016 im zweistelligen Millionen-Bereich sowie die kontroverse Diskussion am Dienstagabend im Finanzausschuss.

Die Grundsatzdebatte entfachte sich an einem Bürgerantrag der Initiative ,,Demokratie wagen". Sie hatte die Einführung einer Nachhaltigkeitssatzung gefordert, um die Verschuldung der Stadt zu bremsen und künftige Generationen nicht zu belasten. Solche Satzungen gibt es etwa in Städten wie Overath und Spenge. Sie sehen beispielsweise vor, Defizite automatisch durch eine Erhöhung der Grundsteuer B auszugleichen. Mit der Verwaltung lehnten das alle Fraktionen am Dienstag im Finanzausschuss ab. Gütersloh sei in einer besseren Lage und man wolle sich Gestaltungsmöglichkeiten nicht nehmen lassen, hieß es unisono.

Was die Debatte entfachte, waren Alternativvorschläge von Kämmerin Christine Lang. Das Bekenntnis zu Nachhaltigkeit und intergenerativer Gerechtigkeit - Punkt eins der Vorlage - ging noch einstimmig durch. Danach müssen sich Überschüsse und Defizite sowie Schuldenabbau und Neuverschuldung „in einem mehrjährigen Zeitraum mindestens ausgleichen".

Auf strikte Ablehnung der SPD und auch von Grünen und BfGT stieß der Vorschlag der Kämmerin, auf zusätzliche freiwillige Leistungen, höhere Standards, und finanzielle Entlastungen zu verzichten. Diesbezügliche Vorstöße der Verwaltung und der Fraktionen müssten zwingend einen Vorschlag zur Gegenfinanzierung umfassen in der Weise, dass Leistungen an anderer Stelle gestrichen oder Mehreinnahmen durch Steuern oder Gebühren erzielt würden. Soweit die Vorlage.

„Das ist eine Provokation“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Ostermann. „Diese Vorlage ersetzt uns als Politiker." Sie gleiche einem Trojanischen Pferd, weil sie vieles enthalte, „was wir schon abgelehnt haben“.

Verabschiedet wurde schließlich ein Änderungsantrag der Grünen, wonach Vorschläge, die zu Ausgabenerhöhungen führen, geprüft und vor einer Entscheidung haushaltstechnisch bewertet werden sollen. Politik dürfe sich ihrer Handlungsfähigkeit nicht berauben, erklärte Hans-Peter Rosenthal (Grüne). Dafür stimmten auch SPD und BfGT. Die CDU enthielt sich. Fraktionschef Heiner Kollmeyer sah noch Beratungsbedarf.

Kontrovers diskutiert wurde auch der Vorschlag der Verwaltung, die Strukturdebatte von 2014 mit dem Ziel der Ausgabenkritik wieder aufzunehmen. Ostermann dazu: „Wir werden uns nicht in einer Kungelrunde verstecken." Dennoch wurde die Aufgabenkritik mehrheitlich beschlossen. Die Verwaltung soll bis zum 19. Oktober einen Verfahrensvorschlag machen.