Einige Leerrohre liegen schon

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Neue Westfälische, vom 26. August 2014

Stadt und Kreis bereiten Planung für den Ausbau des schnelleren Internets vor

Hier und da zählt Gütersloh noch zur digitalen Provinz. Bürger in Teilen Blankenhagens, Pavenstädts und Avenwedde-Bahnhofs surfen mit Geschwindigkeiten, bei denen sie sich zwischenzeitlich einen Kaffee kochen und sogar trinken können. Kreis und Stadt Gütersloh wollen das ändern.

Den Politikern im Hauptausschuss der Stadt lag gestern Abend ein Antrag einer Bürgerinitiative vor, die fordert, den Breitbandausbau in Gütersloh voranzutreiben. "Demokratie wagen!" möchte das Stadtgebiet flächendeckend mit schnellem Internet von mindestens 50 Megabit pro Sekunde versorgt sehen, und zwar möglichst bald. Vergangene Woche hatte die Bundesregierung in Person von Verkehrsminister Alexander Dobrindt ähnliche Absichten verkündet, mit dem zeitlichen Ziel 2018.

Die Gütersloher Politiker verwiesen den Antrag gestern in den zuständigen Ausschuss für Wirtschaftsförderung und Immobilienwesen. Dieser Ausschuss tagt übermorgen, hat das Thema aber nicht auf der Agenda - wohl auch deshalb, weil die Stadt zunächst abwarten möchte, zu welchen Aussagen der "Masterplan" für den Kreis Gütersloh kommt. Dieser Plan soll Mitte September vorliegen. Sämtliche 13 Kommunen des Kreises hatten den Auftrag dafür über ihren Zweckverband Infokom (Regio IT) erteilt. Den Zuschlag hatte die Firma Micus erhalten, die in dem Gutachten zweierlei auflisten wird: Den aktuellen Stand der Breitbandversorgung in allen 13 Kommunen sowie jeweils ortsangepasste Pläne für den Ausbau. Die Stadt Gütersloh, namentlich Wirtschaftsförderer Rainer Venhaus, hatte im Juli erklärt, sie blicke mit großer Spannung auf die Veröffentlichung des Masterplanes. Schnelles Internet sei inzwischen eines der Schlüsselkriterien für die Ansiedlung von Wirtschaftsbetrieben und für viele Bürger von ähnlicher Bedeutung für die Grundversorgung wie Strom und Wasser.

 

Für das Gebiet der Stadt Gütersloh soll die Breitband-Anschlussquote derzeit bei rund 50 Prozent liegen. Heißt: Nur jeder Zweite surft hier mit 50 Megabit pro Sekunde. In der dicht besiedelten Innenstadt, wo die Internetanbieter viele Anschlüsse verkaufen können, liegt die Quote naturgemäß höher, im Außenbereich niedriger.

Wer in Gütersloh bemüht ist, auch die eher ländlichen Regionen mit schnellem Internet zu versorgen, ist die Bitel. Deren Vertriebsleiter Klaus Hölscher sagte, es sei vorgesehen, in den kommenden Monaten die Siedlungen Hofbrede (Blankenhagen), Taubenweg/Dohlenweg (Friedrichsdorf) und Akazienweg (Avenwedde-Bahnhof) aufzurüsten. Die Bitel, Tochter der Stadtwerke Gütersloh und Bielefeld, wolle ihren Markanteil am Telekommunikationskuchen erhöhen. Bislang liege er in Gütersloh bei etwa acht Prozent.

Dass sich der Breitbandausbau für die Anbieter auch auf dem Land lohnen kann, diese Erfahrung machte Bitel bereits in Niehorst. Sie schloss die Siedlung Ellernhagen/Krupploch ans schnelle Netz an, erhöhte die Geschwindigkeit von 1,5 auf 50 Megabit. "Die Leute dort hatten echte Not. Wie dankbar sie sind, zeigt sich daran, dass wir dort eine Anschlussrate von 70 Prozent erreicht haben."

Die Bitel, die die Kosten für den Ausbau mit circa 30 Euro pro Kunden angibt, kann bei einer solchen Anschlussrate komfortabel kalkulieren. Laut Hölscher wird die Gewinnschwelle ab einer Haushaltsquote von 40 Prozent erreicht. "Ab dann ist es für uns attraktiv, einen Straßenverteilkasten mit Glasfaser zu erschließen." Von diesen grauen Kästen stehen auf Stadtgebiet (Vorwahl 05241) etwa 380. Je nach Dichte der Besiedelung sind 50 bis 200 Häuser an einen solchen Verteilkasten angeschlossen.

Hölscher geht davon aus, dass sich mit dem Breitbandausbau und dem Verlegen (Anmieten) von Glasfaser die Marktverhältnisse verschieben. Die Firma Unitymedia, die zum Großteil noch mit dem Kupfernetz der Deutschen Bundespost arbeitet, ist in Gütersloh der absolute Platzhirsch. Firmensprecher Olaf Winter sagte, von den 44.600 Haushalten in Gütersloh erreiche man rund 43.300 (homes passed). Diese Haushalte hätten die Möglichkeit, über Unitymedia Internetprodukte im Download mit bis zu 150 Mbit/s zu nutzen. Allerdings, darauf weisen Fachleute hin, ist die Geschwindigkeit bei Kupferkabel stark entfernungsabhängig: Auch deshalb gelte Kupfer bald als überholt.

Ziel des Breitband-Masterplanes ist es daher, die Grundlage für die Verbreitung von Glasfaser zu schaffen. Von den sieben Gütersloher Hauptverteilern aus, in die die dicken Glasfaserstränge führen (Backbone), sollen möglichst alle 380 Straßenverteiler angeschlossen worden - in einem ersten Schritt. In einem zweiten dann bis ans Grundstück, in einem dritten bis ins Haus.

 


INFO: Rohre vermieten

  • Der Bürgerantrag fordert, möglichst bei allen Straßenbau- und Kabelarbeiten Leerrohre fürs Breitband mitverlegen zu lassen.
  • Für eine komplette Versorgung der 45.000 Haushalte in Gütersloh ist es ersten Angaben zufolge erforderlich, 1.015 Kilometer neue Rohre verlegen zu lassen.
  • Die Politik muss entscheiden, in welchem Ausmaß sich die Stadt finanziell an einem solchen Ausbau beteiligt.
  • Die Städte Verl und Rietberg etwa haben Millionenbeträge für Leerrohre ausgeben. Sie schreiben diese Leerrohre aus und vermieten sie zum Einziehen von Kabeln an Internetanbieter.
  • Die Initiative hält es für geboten, dass die Netze - wie bei den Stadtwerken - in kommunaler Hand bleiben.