Bürgerantrag nach § 24 GO NRW „Anregungen und Beschwerden“ an den Hauptausschuss der Stadt Gütersloh am 25. August 2014
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
die Initiative „Demokratie wagen!“ bittet Sie, folgenden Bürgerantrag auf die Tagesordnung des 1. Hauptausschusses am 25. August 2014 zu setzen:
Der Hauptausschuss möge beschließen, dass bei allen Straßenbaumaßnahmen im Gebiet der Stadt Gütersloh, insbesondere bei kritischer Infrastruktur wie Bundesstraßen, Landesstraßen, Bahntrassen- Autobahn- und Gewässerquerungen, ab sofort das Verlegen von mehreren DN50 PE-Leerrohren (oder vergleichbaren PE-Rohren) zum Ausbau der Breitbandverkabelung durchzuführen ist als vorbereitende Maßnahme mit dem Zweck, die Versorgung mit schnellem Internet von mindestens 50 mBit/s für alle Bürger, Gewerbe und Industrie zu garantieren und zu verbessern. Es sollen Leerrohre von den Hauptverteilern (HVTs) bzw. den geplanten Standorten für die Unterbringung der aktiven Technik bis zu allen Siedlungszufahrten verlegt werden, einschließlich der dafür notwendigen Übergabevorrichtung (Glas-KvZ). In begründeten Fällen soll auch eine Verlegung bis in die bewohnte Gebiete erfolgen.
Selbstverständlich gehört eine kartographische Begleitung in einem Geo-Informationssystem (GIS) dazu, um durch eine Dokumentation die Netzstruktur nachvollziehen zu können, wo ggfls. Leerrohre noch gelegt oder verbunden werden müssen. Das Verlegen soll entsprechend der „BUNDESRAHMENREGELUNG LEERROHRE“ (http://www.breitbandbuero.de/) erfolgen, um etwaige Fördermöglichkeiten durch öffentliche Mittel zu erhalten. Gleichzeitig soll die Stadt Verhandlungen mit ortsansässigen Internetanbietern zum Einziehen von Kabeln in die Leerrohre und zum Netzbetrieb aufnehmen. Die passive Infrastruktur der Leerrohre und Verteilpunkte (KvZ) soll in der kommunalen Hoheit der Stadt Gütersloh verbleiben. Die Fertigstellung des „Masterplans“ als kreisweites Kataster der Breitbandversorgung soll nicht abgewartet werden. Auf einen Projektierungsauftrag an die „regio it“ kann verzichtet werden.
Ferner ist es unser dringendes Anliegen, den demokratischen Aspekt eines Netzausbaus mitzudenken, daher ist eine solche Diskussion unbedingt transparent und öffentlich zu führen. Mindestens einmal im Jahr ist eine Dokumentation zum aktuellen Sachstand zu erstellen und zu veröffentlichen.
Begründung:
Vor einigen Jahren gab es noch einen gesetzlichen Versorgungsauftrag für Telefon und ISDN. Für Breitbandnetze auf Glas- oder Kupferbasis gab es von Bund und Ländern keine ähnlichen Anstrengungen und Umsetzungen. Doch ohne einen Versorgungsauftrag wird die Telekom einen möglichen Breitbandausbau aus rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht betreiben. Das bedeutet für viele Kommunen und Regionen, dass sie wohl noch lange mit den weißen und grauen Flecken im Breitbandatlas leben müssen, da ein Ausbau nicht rentabel genug ist.
In den nächsten Jahren ist also durch die Telekom und andere private Telekommunikationsanbieter auf dem Markt mit keiner flächendeckenden Erschließung einer Breitbandversorgung von mind. 25 mBit/s downstream zu rechnen. Es ist aber im Interesse der Stadt, seiner Einwohner und Gewerbetreibenden, mittelfristig eine schnelle Netzinfrastruktur zur digitalen Datenübertragung bereitzustellen, um aktuell und zukünftig die Wettbewerbsfähigkeit mit anderen Städten und Gemeinden und auch im internationalen Vergleich sicherzustellen.
Das Bereitstellen der Leerrohre ist unserer Meinung nach eine kommunale Aufgabe und gehört gleichbedeutend mit Wasser-, Gas- und Stromnetzen auch in kommunalen Besitz, um so Internetanbietern im Wettbewerb den Ausbau und den wirtschaftlichen Betrieb eines schnellen Netzes attraktiv zu machen und zu ermöglichen. Die Stadt kann dann als Vermieter dieser Leerrohre Gelder akquirieren und beliebigen Netzbetreibern Zugang zu den Kunden verschaffen (Stichwort: Open Access). Die Behandlung des Themas "Breitbandausbau" kann sich zudem nicht allein in der Gemeinschaftsaufgabe der kreisangehörigen Kommunen durch die Erstellung eines Masterplans erschöpfen. Die Stadt Gütersloh muss hier selbst aktiv werden, denn der Infrastrukturausbau ist ein lokales Thema zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit unserer Stadt.
Die Notwendigkeit, spätestens jetzt mit dem Ausbau einer passiven Breitband-Infrastrukur zu beginnen, machen folgende Aspekte klar:
- Das Kommunikationsverhalten und die Mediennutzung der Bürger haben sich innerhalb der letzten 10 Jahre deutlich verändert
- Die Konsumwelt hat sich deutlich verändert. Onlineshopping und Smartphones sind nicht mehr wegzudenken
- HDTV mit 1080p ist inzwischen Standard, auch bei Video on Demand
- Schulen müssen sich diesem Wandel stellen, moderne Lernmethoden setzten voll auf vernetztes Wissen
- Die Arbeitswelt hat sich verändert und wird in nächster Zeit immer mehr von schnellen Datennetzen abhängig sein
- Überall entstehen sogenannte ‚Homeoffices‘.
- Mit dem sog. "Internet der Dinge" wird in Zukunft ein noch ungeahnter Bedarf an schnellem Internet entstehen
Schnelles Internet ist hier also unabdinglich. Gewerbegebiete werden ohne Glasfaserverkabelung nicht mehr lange wettbewerbsfähig sein. In Wohngebieten steigt der Bedarf rapide. Eine bedarfsgerechte Infrastruktur kann da nur als kommunale Aufgabe gelöst werden.
Wie schon zu Beginn des DSL-Zeitalters fragen sich viele, wer denn derart große Bandbreiten benötigt und was sich damit anfangen lässt. Diese Frage existiert, seit es Breitbandanschlüsse gibt. Als die Telekom erstmals DSL mit 768 kBit/s bereitstellte, fanden sich sofort Zweifler, die ausrechneten, warum man diese Kapazität niemals werde ausschöpfen können, hatte doch der ISDN-Anschluss mit 64 kBit/s jahrelang voll und ganz ausgereicht.
Doch mit der technischen Möglichkeit steigt automatisch der Bedarf. Innerhalb von 15 Jahren hat sich die Geschwindigkeit von DSL-Anschlüssen von anfangs 768kBit/s bis heute auf 50 mBit/s um Faktor 65 erhöht. Nimmt man den gleichen Faktor für die kommenden 15 Jahre an, werden Breitbandanschlüsse mit 3,2 gBit/s möglich sein. Und schon heute ist die alte Kupferinfrastruktur aus Zeiten der Deutschen Bundespost mit ca. 100 mBit/s am Ende des technisch Machbaren. Man kann also ein Netz für die Zukunft nicht auf Kupfer aufbauen.
Auch wenn Unity Media in Gütersloh eine Abdeckung von etwa 85% hat, ist dieses Kabelnetz keine Alternative zur Glasfaser. Zum einen, weil Unity Media keinen Ausbau betreibt (alle Neubaugebiete der letzten Jahren haben z.B. kein Kabelanschluss erhalten) und bis heute mit dem Kabelnetz aus Zeiten der Deutschen Bundespost arbeitet, und zum anderen, weil das Kabelnetz ein sogenanntes "shared medium" ist und sich viele Teilnehmer innerhalb einer Zelle eine vorhandene Bandbreite teilen müssen. Ferner werden sich auch mit der neusten Technik namens DOCSIS 3 nicht die zukünftigen Bedürfnisse von >100 mBit/s erreichen lassen. Daher ist eine eigene Infrastruktur mit Glasfaserkabeln unbedingt einzufordern – die aber ähnlich der Netze der Stadtwerke Gütersloh – in kommunaler Hand bleiben muss.
Uns ist bewusst, dass diese Arbeiten sich über einen langen Zeitraum hinziehen werden. Umso wichtiger ist es, sie rechtzeitig zu beginnen. Hier scheint die Stadt Verl im Kreis Gütersloh eine Vorreiterrolle für andere Kommunen übernommen zu haben.
Der Glasfaser gehört die Zukunft! Nur Glasfaser bietet den nötigen Investitionsschutz, um auch in 15 und mehr Jahren noch zeitgemäße Geschwindigkeiten übertragen zu können. Schon heute sind in Weitverbindungsnetzen mit Glasfasern Übertragungsraten von 40 gBit/s ganz normal, in den Laboren wird schon mit 100 gBit/s gearbeitet.
Initiative ‘Demokratie wagen!’