Bürger bleiben im Wahlkampf eher zu Hause
Der städtische Haushalt 2014 steht im Schatten des Wahlkampfs. Am 25. Mai werden die Räte neu gewählt. Die Parteien inszenieren einen Streit um Zustimmung zum Haushalt. Sie kündigen sogar politische Bündnisse auf, um kurz nach der Wahl doch wieder zu fusionieren. Gleichzeitig bittet die Kämmerin in einem „emotionalen“ Appell um Zustimmung zum Haushalt. Wenn zwei sich streiten (Rat und Verwaltung), freut sich der Dritte. Das wäre dann der Bürger. Angeblich interessiere er sich nicht für den Haushalt, zu einer öffentlichen Vorstellung kam er nicht. Auf der Tribüne im Rat saßen zudem viele Funktionäre, wenig Bürger. Statt Desinteresse scheint aber doch eher ein kluges Verhalten hinter der Abwesenheit zu stecken: Längst haben Bürger erkannt, dass sie dieses Jahr noch deutlicher als sonst in die Rolle des Zuschauers gedrängt werden. Für diese Rolle stehen sie aber immer weniger zur Verfügung.
Die Fraktionen streiten also vor „leerer“ Kulisse um einen Haushaltsausgleich, den es nicht gibt. Die Schuld daran trage die Verwaltung. Die Volksvertreter hatten sich wohl gedacht, die Hausaufgaben würden im Rathaus erledigt. Doch es ist gerade die Aufgabe von Politik, zu sagen, wo gespart und wo ausgegeben wird. Seit fast 10 Jahren haben CDU und Grüne eine satte Mehrheit. Es hätte ihnen spielend gelingen können, ihre politischen Ziele durchzusetzen. Trotzdem sind 100 Millionen Euro Schulden Fakt. Jetzt sollen es wieder externe Berater richten - wie vor zehn Jahren, als schwarz-grün mit Zustimmung vieler im Rat mit externer Beratung anfing.
Die größten Löcher zeigen sich zudem nicht im städtischen Haushalt, sondern in den ausgegliederten Geschäftszweigen wie die Kulturräume Gütersloh und im Städtischen Klinikum. Eine Steuerung gegen den Schuldenstand ist den gewählten Volksvertretern nur bedingt möglich, die Stadt ist nur beteiligt. Trotzdem muss sie zahlen, wenn es dort finanziell schief geht. Darüber aber streitet kein Kommunalpolitiker - obwohl sie diese Konstrukte des Ausgliederns und des demokratischen Kontrollverlustes selbst geschaffen haben. Auch auf Anraten eingekaufter Berater.
Wenn Bürger dieses Jahr fern bleiben, ist das nur logisch. Unklug seitens der ratlosen Politik ist es aber, diesen geballten Sachverstand der Menschen vor Ort nicht mit einzubeziehen. Dass die Bürger eine Menge zu sagen haben, wurde im Bürgerhaushalt deutlich. Hunderte hatten sich beteiligt, mit konkreten Vorschlägen, die teilweise sogar jetzt noch die politische Agenda prägen. Von Desinteresse konnte keine Rede sein. Echte Transparenz und Mitgestaltung werden zukünftig vom Wahlvolk noch deutlicher eingefordert. Bürger werden sich einmischen, wenn es um Gütersloh geht und sie werden wieder auf der Bühne erscheinen, wenn der Wahlkampf vorbei ist. Im schlechtesten Fall wird sich diese aktuelle Abwesenheit inder Wahlbeteiligung niederschlagen, die seit Jahren sinkt. Im besten Fall werden die Bürger am Stichtag 25. Mai die belohnen, die zumindest den Ansatz von Beteiligung gewagt haben. Das Sprachrohr der Menge „von unten“ wird stärker. Ein Überhören dieser Stimmen wird künftig noch unmöglicher sein.