Offener Brief zur Nachtabschaltung der Straßenbeleuchtung
Offener Brief zum Bürgerantrag und zum Antrag der CDU-Fraktion, die Straßenbeleuchtung in Gütersloh von 0-4 Uhr bzw. 2-5 Uhr einzuschalten. Die beiden Anträge werden am 11.11.24 im Hauptausschuss beraten.
Im Rahmen der Klimawoche 2023 und 2024 wurden zwei gut besuchte Informationsveranstaltungen zum Thema Nachtbeleuchtung und ihre Auswirkungen auf die Natur angeboten.
Renommierte Referent:innen erläuterten ausführlich und vor allem wissenschaftlich fundiert, was es für die Natur bedeutet, wenn die Nacht zum Tag gemacht wird: Insekten verenden millionenfach an Lampen, Bäume verlieren ihr Laub im Herbst nicht vollständig und leiden bei Frost mit den weiterhin grünen Blättern, nachtaktive Tiere werden vertrieben, Vögel finden ihre Wege in den Süden nicht mehr. Und nicht zuletzt: Menschen finden keinen ausreichenden Schlaf, wenn vor ihren Fenstern Lampen leuchten.
Die Gütersloher:innen hatten einen guten Kompromiss gefunden: Lediglich von 0 bis 4 Uhr werden die Lampen ausgeschaltet, am Wochenende von 2 bis 5 Uhr. Fußgängerüberwege, Bahnhofsbereich und andere vorgeschriebene und sicherheitsrelevante Beleuchtungen bleiben eingeschaltet. Damit ist Gütersloh anders, als im Bürgerantrag suggeriert, in Europa keineswegs alleine: Beispielsweise sind in Frankreich tausende Städte ebenfalls nachts dunkel.
Dass Kriminalität zunehme, ist lange widerlegt. Die Polizeistatistik belegt dies eindeutig. Auch für Gütersloh können CDU und auch der Antragsteller ihre Behauptung nicht beweisen.
Was wir verstehen: Viele Menschen haben im Dunkeln Angst. Das ist natürlicherweise so. Deshalb schlafen wir nachts. Und in der kurzen Zeit, in der wir das Licht ausschalten, sind extrem wenige Menschen unterwegs. Zeitungsboten werden immer wieder genannt - jeder Austräger hat eine Taschenlampe dabei. Alles andere wäre unprofessionell. Fahrradfahrer haben heutzutage sehr gute Beleuchtung - ohne Licht zu fahren ist verboten. Menschen auf dem frühen oder späten Weg von und zur Arbeit fahren oft mit dem Auto. Natürlich mit Beleuchtung. Die wenigen, die zu Fuß unterwegs sind, das können wir aus eigener Erfahrung sagen, haben notfalls ein Handy mit Beleuchtung dabei. Frauen, die nach dem späten Disco- oder Theaterbesuch nach Hause gehen, sind ehrlicherweise auch bei Licht meist begleitet - die Gründe sind eher gesellschaftlicher Natur.
Wir sprechen also von nahezu keinen Betroffenen.
Betroffen ist hingegen die Natur.
Teure Spezialbeleuchtung und Sonderlösungen mit automatischen Einschaltungen stehen dem einfachen "Aus" gegenüber. Wir halten solche Lösungen für möglich aber nicht für erforderlich. Farbfilter und farbkorrigierte LED-Beleuchtungen sind längst Standard und kommen zum Einsatz bei Tausch und Neubau.
Wir haben in Gütersloh einen sehr gut umgesetzten Beschluss - es gibt nachweislich keine negativen Auswirkungen, nur positive - auf die Natur. Wenn Insekten sterben, hat das direkt Wirkung auf uns Menschen. Klimaschutz und Naturschutz sind identisch und darauf folgt Menschenschutz.
Weshalb muss ausgerechnet die Christliche Union die Bewahrung der Schöpfung infrage stellen? Wir bitten Sie ausdrücklich, von der Wiedereinschaltung der Nachtbeleuchtung Abstand zu nehmen.
Das Organisatorenteam der Klimawoche
Felix Kupferschmidt, Verkehrsclub Deutschland e.V., Gütersloh
Jürgen Droop, Demokratie Wagen!
Martina Heidland-Hoppe, Parents 4 Future, Gütersloh
sowie
Sabine Frank, Nachtschutzbeauftragte Landkreis Fulda und Sternenpark Rhön, Expertin im Hessischen Netzwerk gegen Lichtverschmutzung
Dr. Andreas Hänel, Fachgruppe Dark Sky der Vereinigung der Sternfreunde, Kommission Lichtverschmutzung der Astronomischen Gesellschaft
Angelika Daum, Vorstandsmitglied der Gemeinschaft für Natur- und Umweltschutz im Kreis Gütersloh e.V.
Dr. Birgit Lutzer, Vorsitzende BUND Kreis Gütersloh e.V.
Dr. Gunnar Waesch, Umweltreferent im Evangelischen Kirchenkreis Gütersloh