Fridays For Future Gütersloh, was tun?
Mehr als 2000 Menschen gingen auf die Straße am 20 Sept. 2019. Ihr Ziel nicht geringer als „Rettet den Planeten!“ Gütersloh erlebt sich als Teil einer globalen Bewegung zur Rettung der Erde angesichts des dramatisch fortschreitenden Klimanotstandes.
Wissenschaftler rund um den Erdball bestätigen, es ist die letzte Chance auf Rettung, bevor ein Kipppunkt mit der Erderwärmung erreicht ist, an dem alle menschliche Anstrengung doch wirkungslos bleibt.
Es ist also die jetzige junge Generation, die das gedanklich und vor allem emotional verinnerlicht hat. Sie sind es, die hier weiter leben wollen. Es ist gut, dass es die Jugend ist, die da auf die Straße geht und weltweit auffordert, endlich konkret mit wirksamen Mitteln einzuschreiten. Es geht dabei nicht nur um weniger Fliegen und geringeren Fleischkonsum. Es geht um vernetztes Denken im Großen: Können wir so weiterleben wie bisher? Auf Kosten der endlichen Ressourcen, bei dem heute schon klar ist, wir verspeisen pro Anno drei Welten? Können wir so weiterleben auf Kosten der ärmeren Bevölkerung weltweit, die schon jetzt viel stärker zu spüren bekommt, was es heißt, wenn die Erde glüht, die Stürme an Häufigkeit und Heftigkeit zunehmen, Starkregen alles wegreißen, der Meeresspiegel steigt und Lebensräume wegspült, wenn Wüsten größer werden und Mensch und Tier dürsten.
Auch wir von „Demokratie wagen“ waren mit auf der Straße, ein winziger Teil der 2000. Wir freuen uns über zivilgesellschaftliche Bewegungen. Die Straße ist ein Ort der Politisierung. Der Protest von außen hat immer schon Bewegung im politischen Entscheidungsapparat angestoßen. Es braucht oft „Energie“ von außen, um Thermik entstehen zu lassen, die zu Veränderung führt. Der Streik ist nun aber schon ein paar Tage Geschichte.
Was aber jetzt tun?
Es ist gut, dass die politischen Fraktionen unter den Demonstranten waren. Es ist gut, dass der Bürgermeister der Stadt auf der Straße mitlief, mit seinen Bürgerinnen und Bürgern. Sie sind die derzeit mächtigsten Vertreter der Stadt, die Veränderung hin zu einer klimaneutralen Stadt überhaupt in die Wege leiten können, demokratisch abstimmen, wenn man denn das große Ganze hin zu einer klimaneutralen Stadt ins Visier nimmt. Die individuelle „bessere“ Lebensweise der Vielen ist sinnvoll, kann bisher aber nur ein winziger Beitrag sein. Den größten Beitrag leistet eine Stadtgesellschaft, die gemeinsam gegen den Klimawandel antritt.
Dazu braucht es mehr als bisher. Eine Binsenweisheit. Denn bisher wurde nicht nur national das Klimaabkommen von Paris gerissen. Auch die Klimaziele in Gütersloh wurden nicht erreicht.
Der Generalstreik von #FFF und die treibende Kraft der Jugendlichen müssen Impuls sein, die Anstrengungen zu erhöhen. Messbar zu machen. Teilhabe zu stärken. Es darf nicht jeder wieder in seine Blase zurückkehren. Jetzt fängt es erst an, der Dialog, das gemeinsame öffentliche Aushandeln, wie wir der Klimakrise entgegen treten, kommunal. Jetzt und hier für uns alle.
Wenn Bewegungen den Stein zum Anstoß ins Wasser werfen, muss das Kreise ziehen. 2000 Menschen dürften ein dicker Stein sein. In unserem repräsentativen System bedeutet das, irgendwann müssen politische Ideen durch das Nadelöhr der Legitimation, müssen in demokratisch abgestimmtes politisches Handeln und Vorgaben übersetzt werden. Es schrammt leider nach aller Erfahrung genau hier: Die Erwartungshaltung der Vielen wird an dem Punkt zurecht geschrumpft, dem Kompromiss gehuldigt, dem Ansatz, so weit zu gehen, dass niemandem weh getan wird. Das Format der politischen Konsensrealität wird aber diesmal so nicht klappen. Die Relevanz der Klimakrise ist größer als alles politisches Kleinklein.
Wie schaffen wir es also gemeinsam, das Engagement aufzugreifen, im Austausch zu bleiben und konkret zu werden für die Stadt? Beteiligung wurde eingefordert. Wo sind Sanktionen, wenn die bisherigen Ziele wieder verfehlt werden? Wer ist verantwortlich? Gibt es überhaupt ein Frühwarnsystem? Und wer darf hier überhaupt mit am Tisch sitzen, wer entscheidet das?
Viele Fragen, wenig Antworten. Die jungen Menschen aber werden sich - schon, weil sie zahlenmäßig viele sind und weil sie sich weltweit solidarisch zeigen - nicht mit „Weiter so“ zufrieden geben. Es braucht jetzt den Brückenschlag vom „vor“ dem Rathaus „in“ das Rathaus.
Aktiv bleiben
Beteiligungsformate gibt es, man muss sie nur anwenden und die Spielregeln vorab klären und auch verbindlich machen, wie die erarbeiteten Ideen konkret umgesetzt werden. Dies bitte gleich zu Beginn.
Unterstützung und Beteiligung an örtlichen Initiativen und NGOs durch Jung und Alt ist weiterhin wichtig. Hier bündelt sich das Schwarmwissen der Zivilgesellschaft. Vernetzung ist angesagt. Man muss die 'Suppe' nicht einzeln auslöffeln, sondern gemeinsam.
Und es gibt das Eintreten in die Parteien, die Chance dort mitzuwirken. Mit Vielen gemeinsam Veränderung anzustoßen. Vielleicht ist gerade die nächste Kommunalwahl 2020 eine Chance für die Überwindung der Klimakrise, zumindest in Gütersloh. Und ein Vorbeugen dafür, dass rechtes Gedankengut als falsches Angebot an einfachen und rassistischen Ideen nicht Fuß fassen kann.
Parteien müssten sich deutlich verändern und u.U. auch das Wahlsystem, z.B. mit Konzepten zum panaschieren/kumulieren, um Wählerinnen und Wählern auch Einfluss auf die Wahllisten zu geben, etc.
Rein in die Parteien, innen aufmischen und voranbringen. Vielleicht beginnt dies einfach mit einem Generationenwechsel, dass die „Parents“ und „Grandparents“ eben nicht mehr überdeutlich auf den Partei-Listenplätzen stehen, sondern die Jugend. Nicht allein, weil sie Jugend ist. Sondern weil sie den unbesiegbaren Willen zeigen, zu retten, was zu retten ist. Sie lassen sich nicht leitplanken, sie machen! Lasst sie unser Störfeuer sein, das uns aus der angelernten Bequemlichkeit verscheucht. Ohne Lebensraum stehen ihre Chancen auf ein Leben in Frieden, Vielfalt und Freiheit bedenklich schlecht. Gütersloh, erkenne die Chance auf Bewegung.