Asyl in Deutschland aus der Sicht der Geflüchteten
Die Geflüchteten als Menschen mit Rechten zu sehen, sie zu Wort kommen zu lassen und ihren Anliegen Stimme zu geben, das war Ziel einer Veranstaltung im Haus der Begegnung der Ev. Kirchengemeinde am 28. September. Anlässlich des Tages des Flüchtlings hatte der Arbeitskreis Asyl der Ev. Kirchengemeinde eingeladen, unterstützt von den Gütersloher Gruppen von Amnesty International und Attac, sowie der Initiative Demokratie wagen!
In seiner Begrüßungsansprache erinnerte Ernst Klinke, Vorsitzender des AK Asyl, wie sich die EU unter deutscher Führung nach Öffnung der innerdeutschen Grenze mit unüberwindlichen Grenzzäunen z.B. in Marokko abschottet, dass Ertrinken tausender Frauen, Kinder und Männer im Mittelmeer in Kauf nimmt oder sie in Griechenland und an den EU-Außengrenzen festhält. Der Blick müsse sich richteten auf die fliehende Menschen, die verfolgt werden, unter Kriegen leiden, an denen auch die deutsche Rüstungsindustrie verdient, oder denen die Exporte aus Europa und die Fischfangflotten ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage entziehen.
Gegen die Politik der fortschreitenden Kriminalisierung von Geflüchteten durch Reden von „illegaler Migration“ stellte er die Sicht: „Kein Mensch ist illegal!“ Er forderte zum Widerspruch auf, wann und wo immer Menschen mit Angst vor gesellschaftlichem Abstieg und Geflüchtete gegeneinander ausgespielt werden. Gesellschaftliche Umverteilung müsse anders aussehen. Erinnerung an die fast vergessenen Milliarden zur Lösung der Bankenkrise könne helfen, den politischen Blick zu weiten.
Die weiter um sich greifende flüchtlings-, islam- und fremdenfeindliche Stimmung braucht auch in Gütersloh Antworten. Mit Blick auf das Motto der Interkulturellen Woche „Vielfalt. Das Beste gegen Einfalt.“ forderte er auch für Gütersloh eine Atmosphäre der Offenheit und Vielfalt.
Danach sprach in Vertretung von Bürgermeister Henning Schulz die 1. Beigeordnete der Stadt, Christine Lang, ein Grußwort an die Versammelten. Für sie ist die Fragestellung des Hauptvortrags „Ordnungsrecht statt Willkommenskultur?“ kein Gegensatz. Sie sehe beide Aspekte in der Arbeit der Kommune gleichberechtigt nebeneinander.
Als Hauptredner kam Volker Maria Hügel, Vorstandsmitglied von Pro Asyl und Mitglied der Härtefallkommission NRW in seiner Auswertung der Flüchtlingspolitik seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts zu anderen Ergebnissen. Für ihn stehen die aktuellen Asylgesetzgebungen und Durchführungsbestimmungen in gravierendem Widerspruch zu unserem Grundgesetz, zur UN-Menschenrechtscharta und der EU-Aufnahmerichtlinie.
Mit beeindruckender, detaillierter Fachkenntnis stellte er dar, wie sich die Asylgesetzgebung in dieser Zeit immer mehr hin zu einem reinen Ordnungsrecht verändert hat und wie staatliches Handeln inzwischen unserer Willkommenskultur entgegensteht. Mit pointierten Hinweisen und Beispielen schilderte er das Unrecht, das Geflüchteten hierzulande widerfährt. Verwaltungen und Flüchtlingshilfe müssten vertrauensvoller zusammenarbeiten, so sein Appell. Er forderte Gesetzgeber, Behörden und auch die haupt- und ehrenamtlichen Unterstützer von Geflüchteten dazu auf, diese als Menschen, als Subjekte, und nicht länger als Objekte zu betrachten.
Besonders aufmerksam und mit stiller Betroffenheit nahmen die 150 Besucher die sehr persönlichen Berichte dreier Asylsuchenden auf. Eine junge irakische Jesidin berichtete, aus welch furchtbaren Bedingungen sie fliehen musste. Ein syrischer Mann beschrieb seine über Monate dauernde Flucht mit all den Anstrengungen, Gefahren und unglaublichen Kosten. Ein 21jähriger Mann, der vor Krieg und Terror aus Afghanistan geflohen ist, sprach von seinem größten Wunsch, hier in Frieden und Sicherheit zu leben, von der Angst, in seine gefährliche Heimat zurückgeschickt zu werden, wenn seine eigenen intensiven Integrationsleistungen (Deutsch lernen, Arbeitspraktikum) nicht anerkannt werden sollten.
Musikalisch gestaltet wurde die Veranstaltung von zwei Schülern der Janusz Korczak Gesamtschule, Darin Shammut, Gesang, am Klavier begleitet von Yunus Emre. Ihre Eltern waren schon vor Jahren aus Palästina nach Deutschland geflohen und sind hier heimisch geworden.
Zur gastlichen Atmosphäre trugen die Speisen bei, die Flüchtlinge und die Betreiber des Cafés Fairleben zu einem ein sehr ansprechenden internationalen Fingerfood-Büffet zusammengetragen hatten.