Neue Kandidaten für den Rat stehen Rede und Antwort

  • 1 September 2020
  • jdroop

“Endlich Wahlkampf mit echten Personen”, freute sich ein Zuhörer. Rund einhundertfünfzig Interessierte waren am Samstag der Einladung von neun Gütersloher Initiativen ins Parkbad gefolgt. Neun neue Bewerber und Bewerberinnen der SPD, FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen für den Rat standen Rede und Antwort. Die Coronaregeln wurden strengstens eingehalten.

Es brauchte Mut, auf die politische Bühne zu gehen: Die Initiativen GNU, Fridays for Future, Parents for Future, Demokratie wagen, Stadtschulpflegschaft, AG Verkehrswende, AK Asyl, AG Energiewende und Attac hatten ihre 92 Fragen bereits vorab formuliert und offen ins Netz gestellt. Die Themenbreite zeigte sich von Klimawandel, Bürgerbeteiligung, über Digitalisierung, Asyl, Artenvielfalt, Mobilität, Energiewende bis hin zu Gesundheit und Kultur. Wer welche Frage bekam, entschied das Los.

Jürgen Droop (Demokratie wagen) hob in der Begrüßung hervor: “Im Vorfeld der Veranstaltung gab es viel Wirbel: dürfen die Initiativen einfach die Neuen einladen und sich so über die Parteilisten hinwegsetzen?” Nicht alle Parteien zeigten sich offen für den Wunsch, die Neuen kennen zu lernen. So glänzten CDU, BfGT und UWG durch Abwesenheit. Ihre Stühle blieben unbesetzt, die CDU ließ sogar wissen, dass ihr das Format nicht passte.

Als Anwärter für den Rat schlugen sich bestens vorbereitet und in den obigen Themenfeldern kenntnisreich: Camilla Cirlini, Margrit Dorn (Linke), Sabine Hollmann, Stefan Bethlehem, Sebastian Sieg (SPD), Dr. Antonia von Hirsch, Markus Reiferscheid (FDP), Ines Böhm, Dr. Martin Noack (Grüne). Dem Klimaschutz als eines der zentralen Themen möchten alle KandidatInnen in der kommenden Ratsperiode besondere Rechnung tragen. Die unterschiedlichen Positionen blieben sichtbar, ebenso wie die jeweiligen Herangehensweisen thematisiert wurden.

Fragen aus dem Publikum berührten ebenfalls den Klimanotstand in Gütersloh und auch mangelnde Angebote an veganem Essen sowie die Unterbringung von Flüchtlingen in gemeinsamen Wohnprojekten mit Studierenden inmitten der Stadt. Auch das Busstreckennetz, das in seiner jetzigen Form den Bedürfnissen vieler Bürger*innen nicht gerecht wird, stand zur Diskussion. Die Einrichtung eines ‘Bürgerrats’ wurde kontrovers diskutiert und von einigen Kandidaten positiv als eine neue Beteiligung von Bürger*innen bewertet.

Nicht alle der 92 Fragen konnten in den zwei Stunden eine Antwort finden - die Initiativen werten den Fragekatalog vielmehr als Arbeitsauftrag bis 2025. Kurt Gramlich, der zusammen mit Dr. Anke Knopp durch die Fragerunden führte, sagte: “Unsere Fragen bleiben aktuell. Wir verstehen sie als roten Faden für die Zukunft der Stadt”.

Insgesamt traf das Format des “Kennenlernens und ins Gespräch kommen” das Interesse des Publikums und offensichtlich auch das der vielleicht “Neuen” im Stadtrat. Die vielfältigen Positionen und der erkennbare Wunsch, frischen Wind in die Kommunalpolitik in Gütersloh zu bringen zeigt, dass eben nicht nur die Bürgermeisterkandidat*innen Ideen für die Zukunft der Stadt zu bieten haben. Politik auf Augenhöhe mit der Zivilgesellschaft und der Bevölkerung gelingt besonders gut, wenn Formate bereitstehen, in denen nachgefragt werden kann und ein gemeinsamer Dialog seinen Platz findet.

Der Link zu den 92 Fragen: https://www.demokratie-wagen.org/artikel/die_neuen_kandidatinnen




Fotos: Michelle Sbrzesny, Jürgen Zimmermann

Die Glocke, 03.09.2020