Kommentar zum Kulturausschuss am 19.09.2013

  • 24 September 2013
  • jdroop

Von Detlef Fiedrich

„alea iacta est“ – der Würfel ist gefallen - wie man so schön zu sagen pflegt. Die Brüder Böning haben mehrheitlich den Zuspruch nun auch offiziell im Kulturausschuss erhalten. Einzig die SPD und die BfGT haben sich bei der entscheidenden Abstimmung enthalten.

Dass die BfGT sich an der Abstimmung beteiligt hat, mag formaljuristisch auch in Ordnung sein. Es bleibt jedoch ein dickes, fettes ABER und ein wahrlich unleckeres Geschmäckle. Denn war nicht die Gruppe um Nobby Morkes Mitbewerber um die Weberei? Hatte nicht die BfGT/Morkes-Gruppe Zugang zu allen brühwarmen Informationen der Verwaltung, was die übrigen Bewerber so nicht hatten? Waren nicht Vertreter dieses Vereins in den Vorgesprächen und Platzierungen beteiligt? Gut, dass sie vielleicht auch gerade deshalb „nur“ auf Platz 3 der Vorauswahl kamen. Trotzdem meine ich, hätten sie sich grundsätzlich für befangen erklären müssen und alle Sitzungen mit dem Thema ‚Weberei‘ meiden sollen. So bleibt ein schaler Geschmack beim Betrachter bestehen. Dieses Verhalten trägt mit Sicherheit mit dazu bei, dass Bürgerinnen und Bürger sich immer mehr von der Politik, vom Gemeinwesen abkehren.

Die BfGT erdreistete sich auch noch, die dürftige Verwaltungsvorlage zu kritisierten und eine Vertagung zu beantragen. Der Antrag wurde mehrheitlich später abgelehnt.

Aber der Reihe nach.

Ort des Geschehens war Konferenzraum 1 der Stadthalle. Ein Raum, der gerade mal so eben von der Größe passte, um allen ZuhörerInnen, Politikern und Verwaltung Platz zu bieten.

Wieder einmal finde ich es äußerst ärgerlich, dass den interessierten Zuhörern kaum die Möglichkeit gegeben wurde, alle Unterlagen - wie sonst üblich - in Papierform zu bekommen. Leider wurde - obwohl vorhanden - vom Gebrauch eines Mikrophons Abstand genommen. Den Verantwortlichen und der Vorsitzenden des Ausschusses, Frau Fiekas (CDU), war eigentlich klar, dass großes Interesse seitens der Bürgerschaft am Ausgang der Abstimmung bestand. Zum wiederholten Mal wurden auch wieder aktuelle Tischvorlagen den Politikern selbstverständlich zugänglich gemacht, den Zuhörern aber verweigert. Hier gäbe es die Technik via Tageslichtschreiber / Beamer etc., damit die interessierten Zuhörer auch dem Geschehen folgen können.

Für die formelle Vorbereitung dieser Sitzung daher ein: mangelhaft (-)

Am Donnerstag, 19.09.2013 gegen 19.00 Uhr wurde nun im Kulturausschuss mit der Mehrheit aus CDU, Grünen, UWG und FDP den Böning-Brüdern der Zuspruch erteilt, die Weberei zu übernehmen. Eigentlich stand diese Entscheidung schon ein paar Wochen vorher fest, wenn man den hiesigen Zeitungsberichten folgte. Denn im Gremium sitzende Politiker / Bewerber mailten und posteten im sozialen Netzwerk Facebook, ließen Erklärungen aus dem Auswahlgremium vorab verlauten. Ja, sie gaben im Vorfeld schon ihr Ranking bekannt. Offensichtlich war aber im Gremium vereinbart worden – so die SPD - ein Ranking zu erstellen, das dann erst in den Fraktionen beraten werden sollte.

Birgit Niemann-Hollatz (Grüne) bemängelte im Hauptausschuss am 10.09.2013, dass der Kriterienkatalog der Verwaltung hätte veröffentlicht werden können. Das hätte zu mehr Transparenz im Verfahren geführt.

Stichwort ‚Transparenz‘: Politiker aller Fraktionen erklärten jeweils zu Beginn des Bewerbungsverfahrens ‚Weberei‘ in den Ausschusssitzungen, dass Bürgerbeteiligung und Information in diesem Verfahren einen hohen Stellenwert habe. Als Beobachter muss ich jedoch konstatieren, dass dies in keiner Weise erfolgte. Politik, hier Plattform + (CDU, Grüne, UWG), sowie FDP und BfGT, haben dies selbst so beschlossen. Oder die Politiker verstehen etwas ganz anderes unter dem Begriff ‚Transparenz‘ > Durchsichtigkeit. Erst auf Antrag der Initiative ‚Demokratie wagen!‘ wurde durch die SPD veranlasst, dass auf der Homepage der Stadt wenige Wochen vor der Entscheidung die Konzepte der drei verbliebenen Bewerber veröffentlicht wurden. Seltsam finde ich, dass auf einmal das ‚Netz‘ Aufgaben wahrnehmen muss, das sonst eher selten in wichtigen Gütersloh betreffende Fragen genutzt wird. Und es wurde den Bürgerinnen und Bürgern überhaupt nicht vermittelt, dass die Konzepte im Netz der Stadt zugänglich sind.

Besonders interessant ist, dass nach der letzten Ratssitzung offensichtlich ein Gremium aus Ältestenrat und Fraktionsvorsitzenden tagte, dass das Verfahren und die Entscheidung vorplante. Und obendrein tagte am Vortag des Kulturausschusses ebenfalls ein Gremium, wie man in der laufenden Kulturausschusssitzung quasi ‚nebenbei‘ erfuhr.

Daher auch hier Transparenz und Bürgerbeteiligung (vorher vollmundig erklärt): mangelhaft

Aber es gibt auch Positives zu berichten. Erstmals wurde in einem Ausschuss nach langer Zeit mal wieder diskutiert. Auch wenn es mitunter persönlich wurde und Herr Wiesner (CDU) sich angegriffen fühlte, weil er für die CDU forderte, dass eine Übergangslösung ab dem 1.10.13 gefunden werde. Rahmenbedingungen in der Übergangszeit sollten nicht zu eng gefasst werden. Er forderte von der Stadt möglicherweise zusätzliche Geldmittel, um den Betrieb (Angestellte) weiterlaufen zu lassen. Alle Parteien lobten, dass es drei kompetente Bewerbungen zur Weberei gegeben hätte. Alle drei Konzepte seien in sich schlüssig und zeigten a) die derzeitigen Defizite der Weberei auf und b) aber auch durchweg positive Vorschläge, wie die Weberei in Zukunft erfolgreich ‚geführt‘ werden könnte.

Als Betrachter muss ich jedoch hier feststellen, dass der Begriff ‚Soziokultur‘ aus den achtziger Jahren so für Gütersloh nicht mehr übertragbar ist. Ich würde daher auch eher nun von einem Bürgerzentrum sprechen wollen, wo Bürgerinnen und Bürger aber auch mitsprechen können sollen.

Hier würde ich für den Verlauf der Diskussion ein befriedigend (+) geben.

Zur Abstimmung kam dann das Ranking der Bewerber: 1. Platz Böning Brüder; 2. Platz Kirchhoff Gruppe; 3. Platz die Morkes Gruppe.

Da SPD und BfGT sich bei dieser Abstimmung enthielten, stimmten nur Plattform + (CDU, Grüne, UWG) und FDP für dieses Ranking.

Nun wurde über den Zusatzantrag von Bündnis 90/Die Grünen diskutiert, bzw. abgestimmt. Er wurde offensichtlich erst während der Sitzung formuliert und von Marco Mantovanelli (Grüne) mündlich vorgetragen. Hier hätte ein Computer mit Tageslichtschreiber / Beamer gute Dienste leisten können.

Kernforderung des Antrags: Die Verwaltung wird ermächtigt, Gespräche mit den Böning-Brüdern schnellstmöglich zu führen, um den Übergang bis zum 1.1.2014 zu schaffen. Es muss ja geklärt werden, wie die in Arbeit stehenden Angestellten arbeitsrechtlich in der Übergangszeit behandelt werden. Frau Lang (Verwaltung) wird dies klären. Die Verwaltung (Herr Kimpel) erklärte sich bereit, sehr kurzfristig (bis zum 1.10.13!) über die Entscheidung den Ausschuss zu informieren.

Ergebnis: Plattform + und FDP stimmen dem Antrag zu. BfGT und SPD enthalten sich.

Fazit der Entscheidungen aus Sicht des Beobachters:

Positiv bleibt festzuhalten, dass sich drei Bewerbergruppen um die Trägerschaft der Weberei bewarben. Was die ersten beiden Bewerber betrifft, so muss ich sagen, dass es sicher schwer für Politik und Verwaltung war, hier zu entscheiden. Beide Bewerbergruppen haben jeweils ein interessantes Konzept vorgelegt.
Trotzdem muss klar festgehalten werden, dass sich die Plattform +, FDP und BfGT unnötig unter Zeitdruck gesetzt hatten. Zu schnell mussten Entscheidungen getroffen werden. Hier hatte die SPD auf Zeit ‚gespielt‘. Sie war bereit, den Verwaltungsvorschlag auf Zuschusserhöhung an die PariSozial mitzutragen, um dann in Ruhe über einen neuen Träger zu entscheiden.

Dies hätte vielleicht dann auch zu Transparenz der Entscheidungen geführt. Kulturpolitisch wurde hier im Schnelldurchgang entschieden, ohne Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen und sie rechtzeitig zu informieren. Wir wiesen schon mehrmals darauf hin, dass das Theater nicht in diesem Schnelldurchgang entschieden wurde.
Zum Bewerbungsverfahren ‚zukünftiger Betreiber‘ der Weberei‘: ausreichend (–)

Den Böning-Brüdern als ‚Gewinner‘ wünsche ich ein glückliches Händchen, auf dass die Weberei wieder ein Bürgerzentrum mit Mitsprachemöglichkeit wird.