Herzblut statt Geld

  • 22 January 2020
  • jdroop

Jetzt soll der nächste große Geldgeber Werner Gehring zum Ehrenbürger der Stadt Gütersloh ernannt werden. Aber ist das noch zeitgemäß, Geldgaben und Stiftungsmäzene mit solchen kommunalen Würden zu belohnen? Es ist längst ein Wandel in der Wertschätzung eingetreten, der Geld allein nicht zum ausschlaggebenden Moment macht. Es braucht inzwischen deutlich mehr
als einen Griff ins Portemonnaie, der zudem noch steuerlich absetzbar ist.

Wir haben in unserer Gütersloher Vielfalt sehr viel mehr, nämlich Ehrenamt mit Herzblut: Unzählige treten jahrzehntelang ein fürs Gemeinwohl, für das Gelingen des Zusammenlebens in unserer Stadt ohne Millionär zu sein. Da wären die vielen Aktiven in Bürgerinitiativen, in den Vereinen, in der Freiwilligen Feuerwehr, im Naturschutz, im Hospiz, die Grünen Damen, die vielen Helfer und Übersetzer für eine gelingende Integration, die Suppenküche und auch einige verdiente Kommunalpolitiker selbst. Es gibt sie, die kommunalen Helden.

Warum also jemanden würdigen, der lediglich Geld bietet? Geldgaben helfen der Stadt nicht, wenn die Firmen der geehrten Wirtschaftsmagnaten den globalen Märkten folgen und Gütersloh den Rücken kehren. Namen von verblichenen Ehrenbürgern erzählen höchstens noch in der Chronik vom vergangenen Reichtum der Stadt. Die letzte Ehrenbürgerin Elisabeth Mohn bekam 2016 sogar Polizeischutz vor dem Rathaus am Tag ihrer Ernennung.

Was vielmehr zählt sind echte Menschen, die mit ihren Taten für die Belange der Stadt eintreten. Was bräuchte es also an Modernität in einer Zeit, in der menschliches Handeln größerer Wertschätzung bedarf? Bisher machen der Bürgermeister und die Fraktionen Vorschläge. Der Rat entscheidet in nichtöffentlicher Sitzung nach Vorberatung im Hauptausschuss. Das Vorgehen stammt aus dem Jahr 1979.

Wir sollten unsere städtischen Kriterien für die Verleihung ändern und darüber sprechen, was einen Ehrenbürger außer Geld ausmacht. Passender ist auch ein Vorschlagswesen aus der gesamten Bürgerschaft heraus, mit anschließender öffentlicher Abstimmung, zu der jeder Einwohner zugelassen ist. Da dürfen gerne auch solche Namen wie Gehring und Mohn drauf stehen, aber sie würden von allen gewählt und für würdig befunden. Und nicht mit bezahlten Titeln nach feudaler Art beschenkt. Womöglich vererben sich andernfalls nicht nur die Vermögen, sondern auch Ansprüche ihrer Nachkommen.

Dr. Anke Knopp
20.1.2020